Marken- und Wettbewerbsrecht: Unterlassung bedeutet Rückruf

16.08.2017

Wer eine Unterlassungserklärung wegen eines Wettbewerbsverstoßes oder einer Markenverletzung abgegeben hat, muss aufpassen, nicht in die Falle einer Vertragsstrafe zu tappen. Es gelten strenge Anforderungen an die Beseitigung der Rechtsverletzung. Nicht nur müssen z.B. Internetauftritte streng und sorgfältig kontrolliert und bereinigt werden. Der BGH geht jetzt noch einen Schritt weiter und hat in zwei kürzlich ergangenen Entscheidungen bestätigt, dass auch eine Pflicht zum aktiven Rückruf rechtsverletzender Produkte aus den Vertriebswegen besteht.

Bereits mit seiner Entscheidung „Rescue-Tropfen“ (Beschluss vom 29.09.2016, Az.: I ZB 34/15) hat der BGH bekräftigt, dass ein Unterlassungsurteil den Beklagten auch zum Rückruf rechtsverletzender Produkte verpflichtet:

"Die Verpflichtung zur Unterlassung einer Handlung, durch die ein fortdauernder Störungszustand geschaffen wurde, ist mangels abweichender Anhaltspunkte regelmäßig dahin auszulegen, dass sie nicht nur die Unterlassung derartiger Handlungen, sondern auch die Vornahme möglicher und zumutbarer Handlungen zur Beseitigung des Störungszustands umfasst. Dies kann die Verpflichtung beinhalten, im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren auf Dritte einzuwirken, soweit dies zur Beseitigung des Störungszustands erforderlich ist. Danach muss ein Schuldner, dem der Vertrieb eines Produkts untersagt worden ist, grundsätzlich durch einen Rückruf des Produkts dafür sorgen, dass bereits ausgelieferte Produkte von seinen Abnehmern nicht weiter vertrieben werden."

Zwar wenig überraschend, aber für Betroffene mit noch erheblicheren Haftungsrisiken verbunden und praktisch wohl auch bedeutsamer, hat der BGH in seiner Entscheidung „Luftentfeuchter“ (Urteil vom 04.05.2017, Az.: I ZR 208/15) nun kürzlich noch festgestellt, dass dies nicht nur im Falle eines gerichtlichen Unterlassungstenors gilt sondern auch, wenn nur außergerichtlich in einem entsprechenden Fall eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben wurde. Und zwar auch dann, wenn der Erklärende gegen seine Vertriebe und Abnehmer möglicherweise gar keinen durchsetzbaren Anspruch auf Unterlassung hat:

"Die Verpflichtung des Unterlassungsschuldners, bereits ausgelieferte und mit wettbewerbswidriger Werbung versehene Produkte zurückzurufen, setzt nicht voraus, dass ihm gegen seine Abnehmer rechtlich durchsetzbare Ansprüche auf Unterlassung der Weiterveräußerung oder auf Rückgabe dieser Produkte zustehen. Er ist verpflichtet, im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren auf Dritte einzuwirken, soweit dies zur Beseitigung eines fortdauernden Störungszustands erforderlich ist."

Immerhin: Der BGH hat angenommen, dass nur eine Vertragsstrafe (in Höhe von EUR 5.100,00) anfällt, nicht 22 x EUR 5.100,00, wie von Klägerseite (wegen der Verfügbarkeit rechtsverletzender Produkte in 22 verschiedenen Märkten) zunächst geltend gemacht. Der Verstoß des fehlenden Rückrufs sei eine einheitliche Handlung, die auch nur eine Vertragsstrafe auslöse.

Trotzdem kam den Beklagten der unterbliebene Rückruf vorliegend teuer zu stehen. Es empfiehlt sich daher für Empfänger von Abmahnungen sehr genau zu prüfen, welche Unterlassungserklärung sie abgeben und welche – auch nicht eindeutig beschriebenen – Handlungspflichten sich hieraus dann ergeben.

In Wettbewerbsrecht