BGH schiebt hohen Kosten für Massenabmahnungen im Urheberrecht Riegel vor

09.10.2019

Eine Abmahnkanzlei, die parallel zahlreiche gleichartige urheberrechtliche Abmahnungen ausspricht, kann nach Auffassung des BGH lediglich einmal ihre Gebühr insgesamt berechnen und dann von jedem Abgemahnten nur den auf ihn entfallenden Anteil verlangen.

Der Bundesgerichtshof hat der vielfachen Geltendmachung einzelner Kosten zahlreicher Abmahnung wegen vergleichbarer Urheberrechtsverletzungen eine Absage erteilt (BGH, Urteil vom 06.06.2019, Az.: I ZR 150/18 – „Der Novembermann“). Konkret ging es um DVDs mit Filmen des Schauspielers Götz George (unter anderem „Der Novembermann“). Aufgrund einer Kündigung des Lizenzvertrages war der vormalige DVD-Vertrieb nicht mehr berechtigt, solche DVDs zu vertreiben. Hieran hielt er sich nicht.

Wie so oft in solchen Fällen (vergleichbar auch mit Bootleg-Abmahnungen im Musikbereich) begnügte sich die Kanzlei der Rechteinhaber aber offenbar nicht damit, den Vertrieb selbst abzumahnen sondern sprach gegen über zehn weitere Händler, die die DVDs noch im Angebot hatten (wohl unwissentlich im Hinblick auf die Rechtslage), im wesentlichen gleichlautende Abmahnungen aus.

Für jede dieser Abmahnungen forderte die Kanzlei gesondert Abmahnkosten an. Im vor dem BGH verhandelten Fall wurden EUR 1.465,06 Abmahnkosten eingeklagt. Der eigentliche Schadensersatz hingegen belief sich bei ganzen 12 verkauften DVDs dieses Händlers nur auf EUR 36,00 (12 x EUR 3,00 pro DVD).

Der BGH entschied aber, dass alle Abmahnungen in dieser Sache ein und dieselbe Angelegenheit seien. Die Abmahnkanzlei könne daher lediglich einmal ihre Gebühr insgesamt berechnen und dann von jedem Abgemahnten nur den auf ihn entfallenden Anteil verlangen. Gegenstand aller Abmahnungen waren insgesamt 42 Rechtsverletzungen. Den Gegenstandswert pro Rechtsverletzung bemaß der BGH mit EUR 15.000,00. Es ergab sich somit für alle Abmahnungen eine Gesamtgebühr der Abmahnkanzlei in Höhe von EUR 4.781,90. Da bei dem im Klageverfahren betroffenen Händler drei DVD-Titel gegenständlich waren, entfiel auf ihn ein Anteil von 3/42 der Gesamtgebühr von EUR 4.781,90, somit eine Abmahngebühr in Höhe von EUR 341,56. Mit dem Großteil ihrer Klageforderung scheiterte die Abmahnkanzlei damit letztlich vor Gericht.

Fazit:

Die Entscheidung des BGH ist sehr zu begrüßen.

Bereits die Gegenüberstellung des vergleichsweise geringen Schadensersatzes (vorliegend ganze EUR 36,00) mit den geforderten Kosten für eine einzige Abmahnung (EUR 1.465,06) zeigt, dass letztlich an solchen Abmahnungen in aller Regel nur die Abmahnkanzleien verdienen.

Und diesen Verdienst versuchen sie durch Aussprache unzähliger einzelner Abmahnungen gegen zahlreiche Händler wegen letztlich ein und derselben Rechtsverletzung (z.B. ermittelt über eBay oder Amazon) schlichtweg vielfach zu multiplizieren. Damit dürfte nach der BGH-Entscheidung nun Schluss sein.

Ob die Rechtsprechung auch auf Fälle der massenhaften Filesharing-Abmahnungen (bei denen auch in aller Regel gleichartige Verstöße einheitlich ermittelt und abgemahnt werden) übertragbar ist, bleibt abzuwarten.

Stand: 09.10.2019

 

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